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Strassenverkehrsrecht: “Passives Rechtsvorbeifahren” erlaubt!


Strassenverkehrsrecht: "Passives Rechtsvorbeifahren" erlaubt

Bekanntlich ist in der Schweiz Rechtsüberholen verboten. Nun hat das Bundesgericht jedoch einen Automobilisten, der auf einer dreispurigen Autobahn von der mittleren Überholspur auf die Normalspur wechselte und dort am Kolonnenverkehr der beiden Überholspuren vorbeifuhr, freigesprochen.


Bereits bisher galt, dass beim Fahren in parallelen Kolonnen (das sogenannte Vorbeifahren) erlaubt war. Das Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen ist nach wie vor ausdrücklich untersagt – auch im Kolonnenverkehr. Kolonnenverkehr setzte nach bisheriger Rechtsprechung dichten Verkehr auf beiden Fahrspuren, somit ein längeres Nebeneinanderfahren von mehreren sich in gleicher Richtung bewegenden Fahrzeugreihen voraus. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts führte dazu, dass ein langsames Fahrzeug auf der linken Spur die ganze Autobahn verstopfen konnte.


Das Bundesgericht hat im März 2016 einen Automobilisten, der auf einer dreispurigen Autobahn von der mittleren Überholspur auf die Normalspur wechselte und dort am Kolonnenverkehr der beiden Überholspuren vorbeifuhr, freigesprochen. Das Bundesgericht hat festgestellt, dass es auf der/den Überholspur/en regelmässig zum sogenannten Handorgeleffekt kommt, während der Verkehr auf der Normalspur flüssig und bei konstanter Geschwindigkeit schneller fliesst bzw. fliessen könnte. „Die Ausnahmeregelung, bei Kolonnenverkehr ausnahmsweise rechts überholen zu dürfen, muss bei einer solchen Verkehrssituation auch für den vorschriftsmässig auf der Normalspur fahrenden Fahrzeuglenker beim (passiven Rechtsvorbeifahren mit konstanter Geschwindigkeit zur Anwendung gelangen und zwar unabhängig davon, ob bzw. dass die Abstände zwischen den Fahrzeugen auf der Normalspur grösser sind als zwischen denen auf der linken (und mittleren) Überholspur.“ Somit ist paralleler Kolonnenverkehr bereits dann anzunehmen, wenn es auf der linken (und mittleren) Überholspur zu einer derartigen Verkehrsverdichtung kommt, dass Fahrzeuge auf der Überholspur faktisch nicht mehr schneller vorankommen als diejenigen auf der Normalspur, also die gefahrenen Geschwindigkeiten annähernd gleich sind. Paralleler Kolonnenverkehr setzt somit neu nicht mehr voraus, dass sich die Fahrzeugkolonnen auf allen Fahrspuren permanent mit identischer Geschwindigkeit unter Einhaltung gleichgrosser Abstände fortbewegen. Bei dichtem Verkehr und praktisch gleicher Geschwindigkeit auf allen Spuren, muss der Fahrzeuglenker auf der Normalspur Geschwindigkeitsreduktionen auf der/den Überholspur/en nicht mitmachen und selbst abbremsen, sondern die Fahrt kann bei gleichbleibender Geschwindigkeit unter Beachtung der erforderlichen Sorgfalt fortgesetzt werden.


Wer den ganzen Bundesgerichtsentscheid studieren möchte, kann sich hier informieren.


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